Peter Turrini im Gespräch (Edition Kleine Zeitung)

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Beschreibung

Das Leben ist eine lustige Katastrophe (Peter Turrini)

In mehreren Gesprächen, geführt an Orten, die sein Leben, aber auch sein literarisches Schaffen prägten, bietet der österreichische Dramatiker von Weltgeltung tiefe Einblicke in seine Theater- und Seelenlandschaften, in denen es keine Trennungslinien zwischen Tragödie und Komödie gibt.

In Hauptrollen mit dabei: ein Bühnendichter als Menschenfresser, die einstigen Jungdichter H. C. Artmann und Thomas Bernhard, der bislang völlig unterschätzte Philosoph Hansi Sattler, ein einstiger Dominikanerpater, ein gegenwärtiger Landeshauptmann, der liebe Herrgott und der Tod.

Als malerische Kulisse dienten: ein idyllischer Bauernhof in Kleinriedenthal, das Archiv der Zeitgenossen in Krems, der Tonhof in Maria Saal und die tschechische Grenzlandschaft.

Als Motto gilt: Kennenlernen heißt lernen können. Die Zuwendung kann beginnen.

Werner Krause, geboren 1953, ist als Kulturredakteur der Kleinen Zeitung tätig. Autor zahlreicher Essays, unter anderem für die Reihe „Spectaculum“ (Suhrkamp-Verlag).

Gerhard Melzer, geboren 1950. Studierte Germanistik und Geschichte in Graz. Publizistische Tätigkeit für den ORF und zahlreiche Printmedien. Leiter des Literaturhauses Graz und des Franz Nabl Instituts für Literaturforschung der Universität Graz.

Marija Kanižaj, geboren 1983 in Wien, ist als freischaffende Fotografin tätig.

Format: 13 x 21 cm, 140 Seiten, Softcover

Leseprobe Peter Turrini

… Das hört sich wie eine Warnung an: Achtung, bissiger Dichterhund.
Turrini: Es ist schwer zu erklären, warum ein Schriftsteller, speziell ein Dramatiker, quasi ein Menschenfresser ist. Und warum der Dramatiker, wenn er genug gefressen hat, nix mehr wissen will von den Menschen. Aber es ist das Prinzip meines Gewerbes. Dramatiker sind Mundräuber, Seelenräuber, sogar Gesichtsräuber, weil ich mir manchmal reale Gesichter vorstelle für erfundene Figuren. Und dann drehen sich diese Räuber weg und gehen heim dichten. Und wenn ich fertig bin mit dem Dichten, versuche ich wieder den Menschen nahe zu sein, alles von ihnen zu erfahren, ihnen zu helfen, freundlich zu sein, und dann kommt wieder die Flucht, und der Kreislauf setzt sich fort. Vielleicht hat das auch mit Angst zu tun.

Angst wovor?
Turrini: Da ist in mir immer wieder dieses bedrohliche Gefühl, das ich als Kind hatte: dass der Vater ein Ausländer ist und irgendetwas nicht stimmt mit uns im Maria Saal der 1950er-Jahre. Das kommt in mir oft so konkret hoch und ich weiß nicht, warum das nicht aufhört. Egal, ob es auf dem Schulweg gewesen ist, am Sonntag in der Messe oder im Gasthaus. Immer dieses Gefühl, die mögen Dich nicht. Oder die reden jetzt über diese Ausländer. Ein seltsames Gefühl ist das, vielleicht eine Einbildung. Und dem Gefühl entspricht wohl manchmal auch meine Anstrengung, diese möglicherweise existierende Gefahr mit Liebe zu besiegen oder mit Zuwendung und Hilfsbereitschaft zu immunisieren. Sagen wir es dramatisch: Je mehr man für sie tut, desto weniger werden sie sich trauen, einen zu erschlagen.

Aus: Peter Turrini im Gespräch … mit Werner Krause und Gerhard Melzer