Das ist der steirische Brauch 2019

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Beschreibung

Das ist der steirische Brauch. Woher kommen wir und wohin gehen wir?

Das Brauchtum ankert in der Vergangenheit und ist uns ein Stück Heimat in der Gegenwart. Und Brauchtum ist lebendig – es verändert sich, mit uns und durch uns.
Der steirische „Brauchtumspapst“ Günther Jontes führt uns kurzweilig durch die Anlässe des Jahres- und des Lebenslaufes und lässt vor unseren Augen eine Brücke zwischen dem Damals und dem Heute entstehen.

Journalistinnen und Journalisten ergänzen diesen Bilderbogen um Menschenbilder: Reportagen und Geschichten aus allen steirischen Regionen machen das Brauchtum lebendig. Sie zeichnen ein Bild von dem, was den Steirerinnen und Steirern Heimat bedeutet, und sie öffnen ein Tor für jene, die sich als Zuag’raste diese Welt erschließen möchten.

Leseprobe „Rachngehn“

’s Rachngehn und eine wundersame heimische Pflanze

Günther Jontes

Diese Art zu rauchen hat nichts mit Tabakqualm, Husten und Nikotinkater zu tun. Im Mundartwort rachn steckt der Sinn „räuchern“, das in der edelsten Form das Aufsteigenlassen von Weihrauchwolken in prunkvollen Hochämtern der Kirche bedeutet und im heimischen Volksbrauch das segnende Durchschreiten des Bauernhauses mit der Glutpfanne bedeutet, die Haus, Hof, Insassen und das Vieh in Zukunft vor Ungemach schützen soll.
Wenn es heute der Weihrauch aus dem Vorderen Orient ist, der da aufsteigt, so war es in ärmlicheren Zeiten der Waldrauch, ein Gemisch aus Nadelbaumharzkügelchen und duftenden Nadeln wie vom Wacholder. Das erfreut unseren Geruchssinn. Die Wurzeln liegen aber im Übertönen vom Gestank. So wurden im Tempel von Jerusalem der Geruch der verbrannten Opfertiere und im Wallfahrtsort Santiago de Compostela der Gestank der ungepflegten Pilger vertrieben. Und der Rauch der Zeremonien steigt ja in den über den Wolken für existent gehaltenen Himmel auf.
Da geht nun der Hausvater in den Rau- oder Rauchnächten mit der Glutpfanne durch Haus, Stadel und Stall, mit der man sonst auch das winterlich kalte Bett in der ungeheizten Schlafkammer wärmte. In der gestielten, mit gelöchertem Deckel versehenen Kupferpfanne verschwelt über glühenden Holzkohlen der Weihrauch und erfüllt das Haus mit seinem Duft. Und wenn es hoch herging, mischte sich darin auch eine Wurzel des Speik mit ihrem Wohlgeruch.
Dieser Speik ist eine Pflanze der Alpenwälder und wurde schon in der Antike von Kräuterweibeln und Wurzelseppen in der Obersteiermark aufgespürt und gesammelt. Judenburg war im Spätmittelalter sogar, wo etliche Bürger dadurch zu reichen Leuten wurden, Mittelpunkt des alpinen Speikhandels. Der Speik wurde bis nach Italien exportiert und dort zur Parfümierung von Pomaden, frühen Kosmetika und Seifen verwendet. Die Speikseife mit ihrem spezifischen Duft ist ja auch heute nicht unbekannt.
Einen lebendigen Bericht über den Räuchergang hat uns 1807 der Reiseschriftsteller Franz Sartori geliefert: Am heiligen Abend und in den übrigen sogenannten Rauchnächten pflegt man die Gemächer auszuräuchern, wozu man sich des Waldrauches und vorzüglich des gelben Speiks (Valeriana celtica L.) bedient. Der Geruch dieser Pflanze wird allgemein hochgeschätzt, ja man wird kaum ein Haus finden, wo am sogenannten heiligen Abend nicht damit Rauch gemacht wird. Man pflegt ihn sogar unter den Rauchtabak zu mischen. Diese Pflanze wird in kleinen Bündeln bei allen Krämern verkauft.

Aus: STEIRISCHES BRAUCHTUM IM JAHRLAUF